Mit fünf Klicks zur Sex-Seite
 
 
  Erschienen in Net-Business, Ausgabe 8 vom 3. April 2000  
 
 
  Maria Eichhorn ist sichtlich geschockt. Das sei eine "unglaubliche Schlamperei des Frauen- und Jugendministeriums", wettert die 50-jährige CSU-Bundestagsabgeordnete. Und ihre CDU-Kollegin von der Schwäbischen Alb, Annette Widmann-Mauz, 33, stimmt zu: "Das ist kaum vorstellbar, aber wahr."

Anlass für den Aufruhr war ein Artikel in der "Bild"-Zeitung: Ein Link auf dem Internetangebot des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) führe zu Offerten mit sexuellen Inhalten.

Besonders gut informiert zeigten sich die entrüsteten Unions-Politikerinnen jedoch nicht: Die Abgeordneten selbst waren nicht zu sprechen, von den Mitarbeitern war nur Nebulöses zum ministeriellen Sexskandal zu erfahren. Das BMFSFJ habe auf "frauenpolitische Sachen" gelinkt, von denen die Hälfte Sexlinks seien, sagte ein Mitarbeiter von Widmann-Mauz. Die Mitarbeiterin der CSU-Abgeordneten Eichhorn wusste mehr: "So-und-so-cat" habe das Angebot geheißen, genau wisse sie es aber auch nicht. Offensichtlich waren den Hüterinnen der christlichen Moral die "kurzen Wege zu jugendgefährdenden Angeboten" (Eichhorn) doch nicht so recht bekannt.

Anlass für den Sturm der Entrüstung war ein Link auf Powercat.de, ein "Webkatalog für Frauen" mit über 16.000 Links zu verschiedenen Themen wie "Am Computer", "Auf der Waage", aber auch "Im Schlafzimmer". Hier finden sich unter anderem Links zu einem "taz"-Interview mit der amerikanischen Internetaktivistin Sherry Turkle und zu einem Partnerschaftsberatungsangebot. Von einer der verlinkten Seiten aus gelangt man tatsächlich auf ein Sexangebot - allerdings erst nach insgesamt fünf Klicks durch drei Webangebote und einer automatischen Weiterleitung.

"Selbstverständlich sollte sein, dass umgehend alle Homepages der Bundesregierung überprüft werden", fordert Widmann-Mauz. Das sicherte die Regierung gestern auch zu; die zuständige Ministerin Christine Bergmann, SPD, ließ den Link umgehend löschen.

Ganz ohne ist aber auch die CDU-Homepage nicht: Dort findet sich in einer Linkliste ein Verweis auf das Angebot von Yahoo San Francisco. Von dieser Seite aus gelangt man in nur fünf Klicks auf die Homepage von Annie Sprinkle, bekannt durch öffentliches Vorzeigen ihres Muttermundes.

 
 
 

 
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