Hier scheiden sich die Geister
 
 
  Erschienen in der Berliner Zeitung am 10. Oktober 1994. Der Kommentar der zuständigen Redakteurin damals: "Du kannst über das Thema schreiben - aber nur wenn Du sagst, daß die Leute da nicht hingehen sollen." Dabei war das Konzert, verglichen mit Diamandas Auftritt 1987 im Tempodrom, harmlos. ;-)  
 
 
  Diamanda Galás war schon immer ein Vergnügen besonderer Art. An der amerikanischen Sängerin griechischer Herkunft scheiden sich die Geister: Man kann sie hassen oder lieben, nur nicht "ganz nett" finden. Ende der achtziger Jahre erregte ein Plattenzyklus "Plague Mass" Aufsehen. Darin verarbeitete die ausgebildete Opernsängerin den Tod ihres an Aids gestorbenen Bruders, rezitierte mit schriller Stimme Texte aus dem Alten Testament zum Thema Pest.

Mancher fand, so höre sich der Weltuntergang an. Punk-Queen wurde sie genannt oder Maria Callas der Performance. Tatsache ist, daß Diamanda Galás mit ihrer außergewöhnlichen Stimme und ihrer Art der Performance, die praktisch auf jede Instrumentierung verzichtet, großes Aufsehen in der musikalischen Fachwelt erregte.

Jetzt hat sich Diamanda Galás mit dem ehemaligen Led-Zeppelin-Bassisten John Paul Jones zusammengetan. Dabei ist ein erstaunliches Werk mit dem Titel "The Sporting Life" herausgekommen: Eighties-Avantgarde trifft auf Seventies-Avantgarde, könnte man sagen. Diamandas Gesang stellt sogar den charismatischen Gesang von Robert Plant in den Schatten. Auch wenn "The Sporting Life" längst nicht mehr die Weltuntergangsstimmung der "Plague Mass" verbreitet, starke Nerven braucht man trotzdem.

 
 
  Heute, 21 Uhr, Metropol.  
 
 

  © 1994 Werner Pluta, Berliner Zeitung; Mail: , Web: http://www.wpluta.de; 04/99 wp