Verfahren gegen Shanghaier Programmierer ausgesetzt

Die Staatsanwaltschaft Shanghai hat das Verfahren gegen einen chinesischen Programmierer wegen Mangels an Beweisen an die Polizei zurückverwiesen. Die Behörden werfen dem Shanghaier vor, E-Mail-Adressen an ein in den USA erscheinendes Dissidenten-Magazin weitergegeben zu haben.

 
 
  Erschienen im inzwischen abgeschalteten Online-Nachrichtenangebot Newsboard.de am 4. September 1998.  
 
 
  Das Verfahren gegen den Shanghaier Informatiker Lin Hai wird möglicherweise eingestellt. Das zumindest legt das derzeitige Vorgehen des zuständigen Staatsanwaltes nahe: Der Staatsanwalt verwies das Verfahren zurück an die Polizei, wegen Mangels an Beweisen. Die Polizei solle den Fall neu untersuchen. Das teilte das in Hongkong ansässige "Information Center of Human Rights & Democratic Movement in China" mit. Lin befindet sich jedoch weiterhin in Haft.

Der Programmierer aus Shanghai hatte im Frühjahr 30.000 chinesische E-Mail-Adressen an das in den USA produzierte Internet-Magazin Da Can Kao (VIP Reference) weitergeleitet und war deshalb im April verhaftet worden. Ende Juli hatte die Shanghaier Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen ihn wegen Subversion gegen den Staat eröffnet. Sollte Lin in einem solchen Verfahren verurteilt werden, drohen ihm mindestens zehn Jahre Gefängnis, im Höchstfall sogar die Todesstrafe. Die außerhalb Chinas ansässigen Dissidenten-Organisationen verschicken ihre Newsletter, in denen sie über Mißstände und Menschenrechtsverletzungen in China berichten, immer häufiger per E-Mail.

Der Fall Lin hatte sich von Anfang an von anderen Dissidenten-Verhaftungen unterschieden. So waren im Gegensatz zum üblichen Verfahren die Angehörgen sofort nach Lins Verhaftung verständigt worden. Oft werden chinesische Familien lange über das Schicksal ihrer Angehörigen im Unklaren gelassen.

 
 
 

 
  © 1998 Werner Pluta, Newsboard.de; Mail: , Web: http://www.wpluta.de; 01/02 wp