Apple kuscht vor der VR China

Apple nimmt den Dalai Lama aus ihrer "Think different"-Werbekampagne für Asien heraus. Begründung: der Dalai Lama sei in Asien nicht bekannt genug.

 
 
  Erschienen im inzwischen abgeschalteten Online-Nachrichtenangebot Newsboard.de am 14. April 1998.  
 
 
  Kennen Sie Amelia Earhart? Nein? Sie hat 1928 als erste Frau den Atlantik überflogen. Das zeichnet sie als Werbeträgerin für den Computerhersteller Apple aus, der mit einer "Think different"-Werbekampagne sein Computer auch in Asien an die User bringen möchte.

Amelia Earhart ist in Asien bekannter als der Dalai Lama. Das zumindest glauben die Verantwortlichen bei Macintosh. Vincent Lum, Marketing Direktor für Asien und den pazifischen Raum, sagte der in Hongkong erscheinenden Tageszeitung South China Morning Post, der Nobelpreisträger und Chef der tibetischen Exilregierung im indischen Dharamsala sei keiner der fünf Köpfe der Werbekampagne, weil er in Asien nicht bekannt genug sei und deshalb nicht als Werbeträger tauge. Statt dessen denken jetzt Alfred Hitchcock, Albert Einstein, Pablo Picasso, Mahatma Gandhi und eben Amelia Earhart im Auftrag von Apple anders.

Näher liegt allerdings die Annahme einer anderen Motivation bei Apple: Die Volksrepublik China erkennt den Dalai Lama nicht als religiöses und politisches Oberhaupt des seit 1950 chinesisch besetzten Tibet an. Macintosh möchte jedoch auch in der Volksrepublik China seine Rechner verkaufen und deshalb die Regierung in Beijing nicht verärgern. Diese Deutung teilt auch Tseten Samdup, Sprecher der Londoner Niederlassung der tibetischen Exilregierung: "Ich denke, Apple Computer möchte der chinesischen Regierung nicht zu nahe treten", sagte er gegenüber der South China Morning Post.

Der Dalai Lama wird es gelassen nehmen. Das religiöse und politische Oberhaupt der Tibeter wurde schon häufiger nach Protesten chinesischer Offzieller ausgeladen, beispielsweise 1994 bei der 1200-Jahr-Feier in Frankfurt am Main. Vor zwei Jahren hatte eine Rede des Dalai Lama vor dem Deutschen Bundestag zu diplomatischen Verstimmungen zwischen den Regierungen in Bonn und Beijing geführt.

 
 
 

 
  © 1998 Werner Pluta, Newsboard.de; Mail: , Web: http://www.wpluta.de; 01/02 wp